Hey, ich bin Marcus – einer der Protagonisten des Buches “Catching Hate Offside” und einer der Gründer von Diversero.
Bekannt wurde ich durch die Veröffentlichung meiner Autobiografie „Versteckspieler“, (Blaschke / Urban 2008), als erster geouteter Profifußballer in Deutschland, weltweit der zweite, nach Justin Fashanu in Englands Premier League.
Ich wuchs in der ehemaligen DDR auf und studierte nach der deutschen Wiedervereinigung an der Bauhaus-Universität Weimar und der Università degli Studi di Napoli Federico II, lebte in Weimar, Erfurt, Mailand, Hamburg und Berlin.
Ich habe die Welt bereist, arbeitete als Diplom-Ingenieur in der Windkraftplanung, als Designer, als Marketing-Assistent für Künstler:innen mit Handicaps und habe viele Arbeits- und Lebenserfahrungen gesammelt.
Mit den vielen Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen, die sich nach meinem medialen Coming-out bei mir meldeten und sich engagieren wollten, gründete ich 2014 gemeinsam den Verein für Vielfalt in Sport und Gesellschaft, der seither erfolgreiche Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit für eine vielfältige und weltoffene Gesellschaft macht, und dessen Geschäftsführer ich bin.
Gerade weil ich selbst sehr viel durchlebt habe, kann ich heute als Diversity Berater und Systemischer Coach in Deutschland und weltweit vielen Menschen, Organisationen und Unternehmen weiterhelfen.
Als fünfjähriges Kind habe ich dem gleichen Männerbild hinterher geschaut wie heute. Aber als ich in der Schule zum ersten Mal “schwule Sau” und “Schwuchtel” hörte, veränderte sich mein natürliches Verhalten zu Liebe.
Ich begann mich zu verstecken und tat so, als sei ich heterosexuell – 24 Stunden rund um die Uhr auf der Sportschule, auf der ich Profifußballer wurde.
Als Jugendnationalspieler und kurz vor dem Sprung in die Fußball-Bundesliga war ich schon viele Jahre in Depressionen und tagtäglich in Überlegung, ob ich überhaupt so weiterleben sollte.
Deshalb verstehe ich auch andere, denen das genauso geht, die für ihr Aussehen, ihr Alter, ihre Hautfarbe, ihr Geschlecht, Behinderungen, Krankheiten, Anschauungen oder was auch immer gemobbt werden.
Es wäre eigentlich ganz einfach gewesen, aber niemand hatte es mir beigebracht. Ich bin okay, du bist okay. Vielfalt ist etwas Wundervolles.
Ich ging 1993 zu einem Austauschstudium nach Neapel – in der Hoffnung, etwas Neues und Aufregendes zu erleben.
Italien hat mir ein neues Leben gegeben und gezeigt. Aber damit kam erstmal eine Megakrise, weil ich Angst vor echter Freiheit hatte und nicht wusste, wie man sie lebt.
1994 zurück in Weimar hatte ich dann mein Coming-Out mit dem Bademeister der Stadt, auf den alle Frauen standen 🙂
Ich nahm all meinen Mut zusammen und erzählte einem Teamkollegen des SC 1903 Weimar, dass ich auf Männer stehe. Er hat mir Mut gemacht und mich unterstützt. Wir sind bis heute Freunde geblieben. Meine Befürchtungen abgelehnt zu werden, haben sich nicht erfüllt, im Gegenteil, ich habe sehr viel Anerkennung und Respekt erfahren, aber erst nach meinem Coming-out.
Aus dem Buch “Catching Hate Offside: The A to Z of racism and other forms of discrimination in football”
„Es macht keinen Sinn, nur gegen Homophobie zu kämpfen, weil sich Angst und Gewalt wie siebenköpfige Drachen verhalten. Es wächst immer ein weiterer Kopf nach – in Form von Rassismus oder Sexismus.
Deshalb muss man in die Mitte zielen, die Herzen und das Bewusstsein der Menschen erreichen – und das geht sehr gut mit Authentizität und Mut.“
In jeder Stadt, in der ich mich länger aufhalte, habe ich ein Lieblingscafé – beispielsweise in Berlin, Weimar, Mailand oder Hamburg.
So, wie andere in den Wald gehen, um sich zu erholen, setze ich mich ins Café, trinke etwas, lese, schreibe, rede, lache, beobachte und entspanne.
Neapel ist der Ort meiner Neugeburt. Mit 23 Jahren ging ich zum Studium nach Süditalien und diese quirlige Stadt hat mir gezeigt, dass man Emotionen leben und feiern kann. Ich schaute über den Golf von Neapel, auf die Inseln Ischia, Capri und Procida, das Meer, die hüpfenden Wellen und genoss den Duft der Zitronen und des Wassers.
Zum ersten Mal fühlte ich Leichtigkeit. Gut, ich war zu dem Zeitpunkt zeitweise sehr depressiv und verunsichert, aber nun wusste ich: Das Leben kann auch schön und lustig sein.”
Immer wenn mein bester Freund im Musikunterricht singen musste, machte er Textfehler und versang sich. Es waren zum bersten komische Fehler und falsche Töne.
Da wir sowieso über alles lachen mussten, bekamen wir ständig Lachanfälle. Die gespannte Stille in der Musikstunde steigerte den Zwang, lachen zu müssen – bis zum geht nicht mehr.